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legitimierte Volksverdummung
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von Cerny ©1992-2011 - zuletzt überarbeitet: 26.06.2011
 

Wenn der deutsche Konsument seine Einkäufe erledigt, dann macht er das gern „qualitäts”- und „preisbewusst”, wie es heißt. Damit gemeint ist wahrscheinlich das Vergleichen von Qualität und Preis gleicher bzw. ähnlicher Waren bei verschiedenen Anbietern, verschiedenen Supermärkten, Elektrofachmärkten, etc.

Zumindest im Bereich der Elektrofachmärkte hält sich dieser Aufwand in Grenzen, wo es doch lediglich gerade einmal zwei Ketten sind, die sich die Marktführerschaft teilen: die eine, laut deren aggressiver Werbung „man doch nicht blöd” sei, und die andere Kette, laut deren ebenso aggressiver Werbung „Geiz geil” sein soll.
Jedoch: der Schein trügt. Tatsächlich handelt sich eben nicht um zwei Ketten, die konkurrieren, sondern es handelt sich um ein- und dieselbe Holding, die lediglich nach außen zwei Ketten scheinbar konkurrieren lässt. Ob hier gekauft wird oder dort... das Geld landet letztlich in derselben Kasse.

Ein klein wenig, doch nicht bedeutend anders verhält es sich bei den scheinbar Dutzenden verschiedener Supermärkte und so genannter Discounter, die ebenso nur zum Schein mit- bzw. gegeneinander konkurrieren. Tatsächlich sind es gerade einmal fünf/sechs Handelskonzerne, die den Markt unter sich aufteilen, und zum Teil auch noch miteinander kooperieren. Der „preisbewusste” und -vergleichende Konsument, der sich zu diesem Zweck mit dem Taschenrechner in der Hand durch etliche Werbeprospekte wühlt, lässt sich also von A über B nach C schicken, um „clever zu sparen”, tatsächlich jedoch... für dumm verkauft zu werden.

Genau so, wie im Falle der so genannten „No Name”-Produkte, bei denen es sich tatsächlich um Markenware handelt. Von Süßigkeiten und Milcherzeugnissen über Babynahrung und abgepackte Wurst bis zur Tiefkühl-Pizza: in ein- und derselben Fabrik hergestellt, in identischer Qualität, nur lediglich unterschiedlich verpackt und zu unterschiedlichen Preisen. Der Konsument: so oder so für dumm verkauft.

Natürlich: es ist für den „mündigen Bürger” durchaus möglich, dass alles selbst herauszufinden. Zum Beispiel, indem er per Internet recherchiert und/oder direkt vor Ort im Supermarkt auf den Verpackungen Vergleiche von Herstellungsort, Veterinärkontrollnummer und Genusstauglichkeitskennzeichen (u.v.a.) vornimmt. Allerdings stellt sich die Frage, warum der Konsument verhindern muss, für dumm verkauft zu werden - und nicht verhindert wird, dass er das verhindern muss(?).

Andere Fälle von Volksverdummung lassen sich jedoch weder per Recherche, noch durch Vergleiche aufdecken, sondern bedürfen stark erhöhter Aufmerksamkeit und der Fähigkeit, „zwischen den Zeilen” lesen zu können. So ist beispielsweise auf der Website eines Elektronik-Konzerns folgender Text veröffentlicht:

Die Verpackung unseres neuen XY-Computers ist jetzt um bis zu 39% kleiner. Dies ist einer unserer Beiträge zum Umweltschutz: So passen mehr Produkt-Kartons auf eine Versandpalette und damit auch in jedes Schiff und Flugzeug. Dies wiederum bedeutet einen geringeren Bedarf an Schiffen und Flugzeugen und damit auch weniger CO2-Ausstoß. So hat eine kleine Veränderung eine große, positive Auswirkung auf unsere Umwelt”.

Zwischen den Zeilen und unter der glänzenden Oberfläche liest sich das Ganze jedoch folgendermaßen: weniger Verpackung bedeutet für den Hersteller weniger Material- und Transportkosten; und damit... mehr Gewinn - schließlich werden die Computer trotz der aufgezählten Kostenersparnisse um keinen Cent preiswerter. Hier werden reines Effizienzdenken und Gewinnmaximierung als „Beitrag zum Umweltschutz” deklariert und Menschen wieder einmal für dumm verkauft.

Noch ein kleines Stückchen tiefer unter der Oberfläche wird erkennbar, wie dieser Konzern vielmehr einige (wirtschaftliche) Folgeschäden produziert. Denn: „weniger Verpackung” bedeutet weniger Bedarf an Papier und/oder Kunststoff, wodurch der Papier- und Kunststoffindustrie Aufträge verloren gehen, und „weniger Schiffe und weniger Flugzeuge” bedeuten weniger Aufträge an Logistikunternehmen - dort überall sinkt die Auslastung und schrumpfen die Gewinne, woraufhin dort überall Mitarbeiter entlassen werden müssen, womöglich ganze Standorte schließen und ganze Kommunen mitbetroffen sind.

Eine besonders dreiste Volksverdummung zielt auf Menschen ab, die „Gutes tun” wollen, indem sie aufgetragene Kleidung in einen der zahlreichen am Straßenrand aufgestellten Sammelcontainer werfen: Es hält sich noch immer der Glaube, dass diese Container das Deutsche Rote Kreuz oder die Caritas aufstellen, weil darauf deren Logo prangt - während sie tatsächlich lediglich ihr Logo an kommerzielle Firmen gegen bares Geld vermieten(!) und mit der Kleidersammlung ansonsten wenig zu tun haben.
Und es hält sich noch immer der Glaube, dass diese in bester Absicht gespendeten Kleidungsstücke an bedürftige Menschen verteilt werden - während sie tatsächlich in einem Millionengeschäft nach Afrika verschifft und dort verkauft werden.

Vielleicht nicht ganz so dreist, doch immer noch dreist genug ist die Ausnutzung des so genannten „Umweltbewusstseins” der Menschen, die dazu angehalten werden, ihren Müll fein säuberlich zu trennen, und auch ihr Altglas schön farblich sortiert und bitte ohne Blechdeckel in entsprechende Sammelcontainer zu werfen.
Tatsächlich ist es nicht nur bereits seit rund 10(!) Jahren problemlos möglich, dass die Mülltrennung vollautomatisch erfolgt (u.a. „Trockenstabilatverfahren”), sondern es dem einzelnen Haushalt zu überlassen, gilt ökonomisch und ökologisch heute inzwischen längst als glatter Unfug.
Dass das dennoch weiterhin propagiert und praktiziert wird, beruht - „natürlich” - darauf, dass auch hierbei enorme Summen im Spiel sind, die einer „Lizenz zum Gelddrucken” gleichen; Stichwort: „Grüner Punkt”. Woran nicht zuletzt auch der Staat teilhaben will und die Verpackungsordnung entsprechend gestaltet hat.

Wiederum ein ganz eigener Fall für sich ist das, was in der Werbung an Sprüchen geklopft und an Phrasen gedroschen wird - mitten im so genannten „Bildungs- und Wissenszeitalter” eine legitimierte flächendeckende Volksverdummung „zum Wohle des Wirtschaftswachstums” - mittlerweile völlig widerspruchlos zum „Kulturgut” erhoben.

Das wären zum einen Adjektive, die vornehmlich in der Werbung zum Einsatz kommen; was bereits an sich schon Grund genug wäre, ein klein wenig nachdenklich zu werden. Als da beispielsweise wären: „herzhaft”, „erfrischend”, „leicht bekömmlich”, „sonnengereift”, „zartschmelzend”, etc, etc. Beschreibungen, die wohl kaum ein Mensch in seinem Alltag jemals verwendet. Umso schlimmer, dass diese Seltsamkeiten dermaßen in völlige Selbstverständlichkeiten übergegangen sind, dass sie für „ganz normal” gehalten werden - mitten im „Zeitalter der Bildung und des Wissens”.

Und das betrifft (u.v.a.) ebenso...:

• „aus kontrolliertem Anbau” bedeutet, das Gemüse wurde nicht zufällig aufgefunden und/oder stammt nicht aus unkontrolliertem Wildwuchs

• „ausgewählte Zutaten” bedeutet, dass man für den Apfelsaft ganz gezielt Äpfel ausgewählt hat, und nicht Birnen

• „für eine bewusste Ernährung” bedeutet wohl, dass das Produkt nicht im Zustand der Bewusstlosigkeit verzehrt werden sollte

• „dermatologisch getestet” sagt leider nichts darüber aus, wie das Produkt bei diesem Test denn eigentlich abgeschnitten hat

• „nach dem Öffnen zügig aufbrauchen” ist die getarnte Aufforderung, bitte nicht sparsam zu sein, sondern möglichst schnell eine neue Packung zu kaufen

• „nur in begrenzter Stückzahl” heißt, dass offenbar nicht geplant ist, unendlich viele Stücke bis zum Tag des Weltuntergangs zu produzieren, und/oder dass es technisch nicht möglich ist, unendlich viele Stück herzustellen

• „nur für kurze Zeit” bedeutet entweder, dass der „Weihnachtspudding” mit Spekulatiusgeschmack spätestens ab Ostern nicht mehr erhältlich sein wird, und/oder dass der Hersteller einen kleinen Versuchsballon gestartet hat, um zu testen, wie das Produkt ankommt, um es dann ggf. mit anderem Namen und deklariert als „jetzt neu!” dauerhaft ins Sortiment zu nehmen

• „von 99% der Leserinnen der Zeitschrift XY empfohlen” bezieht sich natürlich a) nur auf die paar Leserinnen, die an der jeweiligen Umfrage überhaupt teilgenommen haben, sowie b) sind die Antwortkarten mit negativer Meinungsäußerung auf unerklärliche Weise leider auf dem Postweg verloren gegangen

• „geprüfte Sicherheit” ist der Hinweis, dass man selbst Schuld ist, falls bei der Anwendung etwas schief geht, und der Hersteller jede Haftung ablehnt

• „erfolgsorientiertes Konzept” verspricht leider keinen Erfolg, sondern lediglich die grobe Orientierung daran

• „lösungsorientierte Beratung” heißt, dass sich die Beratung zwar an Lösungen orientiert, doch leider keine ermöglicht - vielleicht deshalb nicht, weil eine Beratung sinnvollerweise problemorientiert sein müsste, um eine Lösung zu finden

• „alle Speisen frisch zubereitet” sagt leider nichts darüber aus, wann sie frisch zubereitet wurden, und wie viele Jahre lang das Ganze seit dem in der Tiefkühltruhe herumlag

Willkommen im „Zeitalter der Bildung und des Wissens”.
Von diesen paar und etlichen weiteren Ausnahmen freundlich abgesehen.

 

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